Besichtigung des Dommuseums Ottonianum in Magdeburg am 23. Februar 2019

Abb. 1: Gemauertes Grab vom Domplatz aus den 960er Jahren mit rekonstruiertem Eichenholzsarg.

Seit Jahrhunderten – wie noch heute – zieht die Kathedrale am Elbufer die Blicke der Reisenden an. Immer wieder war das Gotteshaus Schutzraum in Nöten, so 1631 während der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg und 1989 in der Phase der friedlichen Revolution in der DDR, aber auch erzbischöfliches Machtzentrum und Impulsgeber für gesellschaftliche Veränderungen. Diese überragende Bedeutung für die Menschen an der mittleren Elbe hatte bereits die im Jahr 937 von Otto dem Großen gestiftete Mauritiusklosterkirche, einer der Vorgängerbauten der ab 1209 errichteten ersten gotischen Kathedrale auf deutschem Boden.

Abb. 2: Bleisarg für die umgebetteten Knochen der Königin Editha aus dem Jahre 1510, gefunden im Sandsteinsarkophag im Dom.

Unser Mitglied Dr. Ulrike Theisen führte uns kenntnisreich und detaillierten Erklärungen durch die Ausstellung zur Geschichte dieses überwältigenden Bauwerks. Da sich in Magdeburg kein Domschatz erhalten hat – dieser wurde übrigens nicht ein Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen oder feindlicher Übergriffe, sondern nach dem Übertritt zum Protestantismus von den evangelischen Administratoren schlicht „versilbert“ – deshalb muss die Ausstellung mit ergrabenen Funden und Rekonstruktionen auskommen. Zu ersteren gehören eine gemauerte Gruft, die am 13. August 2001 auf dem Domplatz unmittelbar neben der „Nordkirche“ entdeckt wurde, einem Fundament, das der Ausgräber Ernst Nickel in den 1960er Jahren als Grundriss der Kaiserpfalz Ottos des Großen aufgefasst hatte, bei dem es sich offenkundig aber um einen Kirchenbau handelte. Hier hatte sich Holz von einem Sarg erhalten, das diese Bestattung in die 960er Jahre datiert (Abb. 1). Im Inneren des prächtigen Sandsteinsarkophags des Königin Editha, Ottos des Großen erster Frau (910-946) kam ein 78 cm langer Bleikasten zum Vorschein, in dem sich die mit dessen Herstellung im Jahre 1510 bereits zum dritten Mal beigesetzten sterblichen Überreste der Königin befanden (Abb. 2). Bei der Rekonstruktion der in einem spätmittelalterlichen Inventar beschreibend überlieferten Reliquiare, die zu besonderen Anlässen auf der Grabplatte über Ottos Grab aufgestellt wurden, sind wir auf die schöpferische Phantasie eines modernen Designers angewiesen (Abb. 3).

Abb. 3: Die Besuchergruppe vor der Rekonstruktion der Reliquiare des mittelalterlichen Domschatzes – wie sie auf der Grabplatte Ottos des Großen aufgebaut wurden.

Abb. 4: Der neue Eingang zum Dommuseum Ottonianum (errichtet um Frühjahr 2019).

Standort des Museums ist das denkmalgeschützte Gebäude der Alten Reichsbank am Breiten Weg gegenüber den Türmen des Domes. Das Gebäude wurde 1921 bis 1923 für die Reichsbank nach Plänen des Architekten Philipp Nitze im Stil des „neuen Bauens“ erbaut und am 23. April 1923 eröffnet. Es überstand den Zweiten Weltkrieg und insbesondere den Luftangriff auf Magdeburg am 16. Januar 1945 relativ unbeschadet. Bis in die Zeit nach der politischen Wende diente es noch als Filiale der DDR-Staatsbank und dann der Deutschen Bundesbank. Nach deren Neubau am Breiten Weg schräg gegenüber fanden hier Theateraufführungen statt; zeitweise dienten die Räume auch als Grabungsquartier für die mehrjährigen archäologischen Untersuchungen auf dem Domplatz. In der ehemaligen Schalterhalle, die heute die Ausstellung beherbergt, konnten Reste der Original-Farbfassung aus den 1920er Jahren freigelegt werden. Inzwischen ist auch der Eingang zur Ausstellung – anders als noch am 23. Februar – vom Breiten Weg und vom Domplatz aus weithin zu erkennen (Abb. 4).

Text: Thomas Weber

Fotos (Abb. 1-3): Wilfried Fricke; (Abb. 4): Thomas Weber

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