Führung durch das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig am 25. Januar 2019

Abb. 1: Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Am Freitag, dem 25. Januar 2019 bot sich für die AGiSA die Möglichkeit zu einem Besuch im Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig (Abb. 1). Die Mitarbeiter erforschen die Geschichte der Menschheit mittels vergleichender Analysen von Genen, Kulturen, kognitiven Fähigkeiten und sozialen Systemen vergangener und gegenwärtiger menschlicher Populationen sowie von Gruppen dem Menschen nahe verwandter Primaten. Die Zusammenführung dieser Forschungs­gebiete führt zu neuen Einsichten in die Geschichte, die Vielfalt und die Fähigkeiten der menschlichen Spezies. Das Institut vereint Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen, die sich von einem interdisziplinären Ansatz her mit der Evolution des Menschen beschäftigen. Wir lernten,  geführt von Mitarbeitern des Hauses, verschiedene Abteilungen und Labore kennen, in denen paläolithische Artefakte, fossile DNA-Spuren und  pleistozäne Sedimente untersucht werden. Expert*innen verschiedener Arbeitsbereiche standen den ca. 40 Besuchern Rede und Antwort.

Abb. 2

Nach der Begrüßung führte uns Marie-Theres Gansauge in die Methoden der Sequenzierung fossiler Desoxiribonukleinsäure (DNA) ein; ihre Kollegin Sarah Nagel hat uns dann das Labor gezeigt (Abb. 2). Für die AGiSA sind diese Forschungen insofern interessant, als neuerdings DNA auch aus eiszeitlichen Sedimenten gewonnen werden kann. Dies ist auch in Sachen-Anhalt bereits erfolgt – Schluffproben aus den Elbe-Ablagerungen des Kieswerks Barleben-Adamsee erbrachten Spuren von Elefantiden- und Hyäniden-DNA, die eindeutig ins Eiszeitalter gehören, während Cerviden- und Equiden-DNA (also Erbsubstanz von Hirsch- und Pferdeartigen) aus der Eiszeit oder aus der Nacheiszeit stammen kann. Die bisher bestimmte menschliche Erbsubstanz stammte durchweg von Menschen der geologischen Gegenwart.

Tobias Lauer, Leiter des Lumineszenz- und Infrarot-Radiofluoreszenz-Labors, erklärte uns, wie – neuerdings auch in Mitteldeutschland – Proben von verschiedenen Sedimenten aus Kiesgruben- und Tagebauaufschlüssen „absolute“ Daten liefern, die uns endlich zu fundierten zeitlichen Vorstellungen über das mittlere Eiszeitalter vor unserer Haustür führen. Grundlage ist die Gewinnung von Zylinderkernen, deren Inneres unter Lichtabschluss ins Labor gebracht werden muss, damit dann der Zeitpunkt der letzten (Sonnen-)Licht-Exposition – und damit der Einsedimentierung – anhand von Veränderungen der Kristallstruktur bestimmt werden kann.

Mareike Stahlschmidt und Susann Heinrich erläuterten uns ihre geoarchäologischen Forschungen vor allem auf der Basis mikromorphologischer Untersuchungen an Sedimenten von Jäger-Sammler-Standorten des Altpaläolithikums (Bilzingsleben, Schöningen) über Mittel- und Jungpaläolithikum bis hin zu Stationen der mittleren und späteren Steinzeit in Südafrika und zu geoarchäologischen Signaturen des frühen sesshaften Lebens im Spätpaläolithikum des Nahen Ostens und der frühen Urbanisierung (Teotihuacan in Mexiko).

Stabile Isotope mehrerer Elemente (vor allem von Kohlenstoff und Stickstoff) können wertvolle Hinweise zur Zusammensetzung der Nahrung fossiler Menschen und Tiere geben. Sarah Perderzani hat uns durch das Isotopenlabor geführt und erklärt, wie sie anhand von Pferdezähnen mittels Sauerstoffisotopie jahreszeitliche Klimarekonstruktionen für die paläolithischen Fundstellen La Ferrassie und Ranis durchführt. Thomas Davies hat uns 3D Rekonstruktionen (CT- Scans) von Zähnen und menschlichen Skelettresten gezeigt.

Unser Mitglied Marcel Weiß ist derzeit auf verschiedenen altsteinzeitlichen Fundstellen Mitteleuropas tätig – von der Ilsenhöhle unter Burg Ranis über den frühweichselzeitlichen Fundplatz Lichtenberg im Hannoverschen Wendland bis zu Micoquien-Inventaren in Südpolen. Er zeigte uns, wie er die Alt- und Neufunde in seine Untersuchungen einbezieht, auch mittels innovativer Techniken (z. B. 3D-Scans von bifaziell bearbeiteten Steingeräten).

Text: Thomas Weber

Fotos: Anna Weide

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