Moorleichen, Hünengräber, Wurten – Archäologische Exkursion nach Nordwestdeutschland 08.–10. Juli 2011

Abb. 1: Dr. Kegler zeigt typische frühmittelalterliche Keramik aus der Geestsiedlung in Hesel-Brinkum (Foto: M. Klamm).

Abb. 1: Dr. Kegler zeigt typische frühmittelalterliche Keramik aus der Geestsiedlung in Hesel-Brinkum (Foto: M. Klamm).

Ostfriesland und die Gegend um Oldenburg weisen zahlreiche, weithin bekannte archäologische Denkmale auf, die Ziel unserer dreitägigen Exkursion waren. »Die fruchtbaren Marschen und die Nordseeküste: Sturmfluten machten den Bewohnern das Leben schwer, durch Errichten der Wurten, erhöhter Wohnplätze, versuchte man seit der Eisenzeit dauerhafte Ansiedlungen zu schaffen. Die seit dem Mittelalter übliche Eindeichung veränderte die Nordseeküste völlig«, so stand es auf unserer Exkursionsankündigung zu lesen. Eines der Hauptanliegen der Exkursion war, die ursprünglichen Landschaften in Nordwestdeutschland, insbesondere Ostfriesland und deren Veränderung durch die Menschen kennenzulernen.

Abb. 2: Typisch ostfriesisches Wetter: Gruppenbild am Ende des Tages an der Nordseeküste von Bensersiel/Ostbense (Foto: R. Winter).

Abb. 2: Typisch ostfriesisches Wetter: Gruppenbild am Ende des Tages an der Nordseeküste von Bensersiel/Ostbense (Foto: R. Winter).

Nach einer kurzweiligen Anfahrt ins Zielgebiet erfolgte ein »warm up« bei der günstig in Autobahnnähe gelegenen Megalithgräbergruppe »Steinkimmen« in der Nähe des gleichnamigen Ortes im Oldenburger Land und der Besuch des Landesmuseums »Natur und Mensch« in Oldenburg. Dort wurden wir durch die Dauerausstellung von Christina Wawrzinek und Corinna Endlich geführt. Das Museum bildete für die Teilnehmer einen guten Einstieg in die Landschaft und Geschichte der Oldenburger Gegend unter Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven wie Geologie, Geographie, Tierwelt, Ökologie. Anschließend bestand die Möglichkeit die Sonderausstellung »O, schaurig ist´s, übers Moor zu gehen …« anzusehen, um so einen Einblick in 220 Jahre Moorarchäologie und unterschiedlichen Schwerpunkten und Interpretationsansätzen zu erhalten, insbesondere der viel zitierten eisenzeitlichen Moorleichen, die entweder als Opfer von Verbrechen oder kultischer Handlungen gedeutet werden können. Die großflächigen Moore waren über Jahrtausende kaum nutzbar, wurden aber in vorgeschichtlicher Zeit von hölzernen Moorwegen durchquert. Dazu konnte man einen nachgebauten Weg begehen und unterschiedliche Wagennachbauten anschauen.

Der nächste Tag war Ostfriesland gewidmet und bot eine Vielzahl von Höhepunkten, wie archäologische und museale Stätten Ostfrieslands, eine charakteristiesche Landschaft und von dieser geprägte Menschen. Dr. Sonja König und Dr. Jan Kegler, Archäologen bei der »Ostfriesischen Landschaft«, einem Kommunalverband für Kultur, Wissenschaft und Bildung tätig, erläuterten uns die Exkursionspunkte. Der erste war eine laufende Grabung einer frühmittelalterlichen Geestsiedlung in Hesel-Brinkum, über deren erste Ergebnisse uns der Grabungstechniker Herbert Lange mit Dr. Kegler (Abb. 1) informierte. Während der Fahrt erklärten unsere Exkursionsleiter die Unterschiede zwischen Geest, Marsch und Moor und brachten uns die Moorkolonisation sowie die Entstehung der sog. Fehnsiedlungen näher, die planmäßig zur Erschließung der Moorlandschaft an schiffbaren Kanälen angelegt wurden. Einen Einblick in die ärmlichen Moordörfer konnte man anschaulich im Moormuseum Moordorf erhalten. In wenigen Jahrhunderten wurden die Moore fast vollständig in Nutzland umgewandelt. In Moordorf bestand auch die Möglichkeit, eine echte ostfriesische Teezeremonie zu erleben.

Abb. 3: Einer unserer engagierten Führer, Dr. Eckert, in Aktion (Foto: M. Klamm).

Abb. 3: Einer unserer engagierten Führer, Dr. Eckert, in Aktion (Foto: M. Klamm).

Anschließend wurden das »Ewige Meer« bei Eversmeer, eine in der Erhaltung einmalige (noch) vorhandene Moorlandschaft, und der Ort Dornum, der im Mittelalter eine »Herrlichkeit«, d.h. ein Häuptlingssitz, war, besichtigt. In Dornum standen neben der Kirche die Beningaburg und die Norderburg auf dem Programm. Die Fahrt führte weiter in Richtung Norden durch Marschgebiet nach Dornumsiel mit Erläuterungen unterschiedlicher Eindeichungsphasen. In Esens wurde das von Axel Heinze, ein sehr aktiver ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, initiierte »Museum am Meer« in der Peldemühle, einer alten Windmühle, besichtigt. Für viele waren die auf verschiedenen Ebenen präsentierten archäologischen Fundstücke, teilweise in Fundsituation präpariert, ein Höhepunkt. Der Großteil der Funde stammt aus heute im Watt liegenden ehemaligen Siedlungs- und Bestattungsstellen zwischen Bensersiel und Neuharlingersiel. Dieses Gebiet geriet im Zuge eines kontinuierlichen Meeresspiegelanstieges in den letzten Jahrhunderten unter Wasser. Der letzte Exkursionspunkt lag an der Nordseeküste bei Bensersiel/Ostbense, wo eine Gedenktafel mit eingravierter Karte auf die untergegangenen Ortschaften hinweist Abb. 2).

Abb. 4: Erkunden des Innenraumes des im rekonstruierten Hünenbett »Große Steine I« bei Kleinenkneten (Foto: I. Vahlhaus).

Abb. 4: Erkunden des Innenraumes des im rekonstruierten Hünenbett »Große Steine I« bei Kleinenkneten (Foto: I. Vahlhaus).

Der letzte Tag war unterschiedlichen archäologischen Denkmalen auf der Geest rund um Wildeshausen unter der örtlichen Leitung von Dr. Jana Esther Fries, Bezirksarchäologin Weser-Ems, und ihrem Vorgänger im Amt, Dr. Jörg Eckert (Abb. 3), gewidmet. Auf dem Programm standen verschiedene jungsteinzeitliche Megalithgräber, darunter der »Heidenopfertisch«, der »Visbeker Bräutigam« mit »Brautwagen«. Anschließend wanderte die Gruppe über das Pestruper Gräberfeld, dem mit ca. 600 Hügeln der Bronze- und Eisenzeit größten Grabhügelfeld in Norddeutschland. Zum Abschluss konnte das rekonstruierte Großsteingrab »Große Steine I« bei Kleinenkneten von innen besichtigt werden (Abb. 4).

Text: I. Vahlhaus, Dr. M. Klamm

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