Schräge Vögel, schlanke Säulen, stille Wasser, stolze Römer … Archäologische Exkursion ins Altmühltal 11. – 13. Juli 2014

Abb. 1: Eichstätt, Nachbau des Hl. Grabes aus dem 12. Jh. in der Hl. Kreuz-Kirche (Foto: T. Fladung).

Abb. 1: Eichstätt, Nachbau des Hl. Grabes aus dem 12. Jh. in der Hl. Kreuz-Kirche (Foto: T. Fladung).

Die dreitägige Jahresexkursion 2014 führte 37 Teilnehmer ins obere Altmühltal. Logiert wurde in Eichstätt und bereits bei der Anfahrt auf die Bischofsstadt lag an der Bundesstraße das erste Exkursionsziel: der 1307 urkundlich erwähnte Siechhof, bestehend aus einem mittelalterlichen Leprosenhaus, der gotischen Lazarus- bzw. Magdalenenkapelle und dem barocken Pfarrhaus. Dieses weitgehend in seiner ursprünglichen Form erhaltene Ensemble belegt, wie im Mittelalter die Leprakranken vor den Toren der Stadt isoliert lebten.

Nach kurzer Weiterfahrt schloss sich ein Rundgang durch die Innenstadt von Eichstätt an. Bereits 741 errichtete Bischof Willibald hier den ersten Dom. Heute prägen vor allem die barocken Bauten der fürstbischöflichen Residenzstadt das Stadtbild, aber abseits von Prunk und Pracht gibt es immer wieder schlichte schnörkellose »Jurahäuser« zu entdecken.

Abb. 2: Solnhofen, Dr. Later erklärt die Reste der ottonischen Sola-Basilika (Foto: F. Gall).

Abb. 2: Solnhofen, Dr. Later erklärt die Reste der ottonischen Sola-Basilika (Foto: F. Gall).

Bei diesem traditionellen Haustyp handelt es sich um einen in der Regel zweigeschossigen Massivbau mit flachgeneigtem Dach, das mit Platten aus den in der Umgebung anstehenden Jurakalken gedeckt ist.
Versteckt in einem Anbau der barocken Hl.-Kreuz-Kirche erhebt sich der über 4,00 m hohe Nachbau des Hl. Grabes von Jerusalem. Ursprünglich gehörte es zum Schottenkloster (12.-15. Jh.), dessen Name an die iro-schottischen Mönche erinnert, die unter Bonifatius und Willibald die Gegend christianisierten. Beim Bau der Barockkirche wurde das Hl. Grab wahrscheinlich abgetragen und unter Verwendung der alten Steine originalgetreu wieder aufgebaut, sodass es bis heute einen Eindruck vom Aussehen des Jerusalemer Vorbilds um die Mitte des 12. Jahrhunderts vermittelt (Abb. 1).

Abb. 3: Treuchtlingen, Ortsteil Graben: Gruppenfoto vor den Resten des Karlsgrabens (Foto: I. Vahlhaus).

Abb. 3: Treuchtlingen, Ortsteil Graben: Gruppenfoto vor den Resten des Karlsgrabens (Foto: I. Vahlhaus).

Am Samstag ging die Fahrt unter fachkundiger Leitung des Kollegen Martin Nadler M.A. vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege durch die von imponierenden Felsenriffen geprägte Landschaft des Naturparks nach Solnhofen. In der für seine Steinbrüche und als Fundort des »Urvogels« Archaeopteryx berühmten Stadt befindet sich auch die Ruine der Sola-Basilika mit dem Grab des Hl. Sola, einem angelsächsischen Mönch, der von Bonifatius zum Priester geweiht wurde und um 750 in der »curtis Husen« eine Einsiedelei gründete. 793 ließ er sich die Rechte an seiner »cella« von Karl dem Großen bestätigen und vermachte sie testamentarisch der Abtei Fulda, die hier die Probstei Solnhofen errichtete. Lange galten die noch erhaltenen Säulen der Basilika als karolingisch. Bauarchäologische Untersuchungen ließen Anfang der 1990er Jahre allerdings Zweifel daran aufkommen. In seiner 2011 erschienenen Dissertation bewertete Dr. Christian Later die unveröffentliche Altgrabung neu und berichtete den Exkursionsteilnehmern vor Ort von seinen Forschungsergebnissen (Abb. 2). Insgesamt 6 Kirchenbauten mit verschiedenen Bauphasen konnte er herausarbeiten.
Abb. 4: Weißenburg, Römische Thermen (Foto: T. Fladung).

Abb. 4: Weißenburg, Römische Thermen (Foto: T. Fladung).

Die heute noch zu bewundernden Resten der Sola-Basilika sind demnach nicht originär karolingisch zu datieren, sondern es handelt sich im Wesentlichen um einen spätottonischen Bau und die heute noch sichtbare Sola-Tumba stammt aus dem späten 14. bzw. frühen 15. Jh. und gehört zur letzten Ausbauphase der Kirche.

Gegen Mittag fuhr die Exkursionsgruppe weiter altmühlaufwärts nach Treuchtlingen. Der Ortsteil Graben verdankt seinen Namen und wahrscheinlich auch seine Entstehung dem Karlsgraben (Fossa Carolina), einem frühgeschichtlichen Bodendenkmal von europäischer Bedeutung. Hier verläuft die Europäische Hauptwasserscheide, die das Rhein-Main-Einzugsgebiet, das in die Nordsee entwässert, von dem ins Schwarze Meer mündenden System der Donau und ihrer Zuflüsse trennt. Kaiser Karl der Große versuchte 793 diese beiden Flusssysteme durch den Bau eines Kanals zwischen Rezat und Altmühl zu verbinden.

Von dem frühmittelalterlichen Bauprojekt zeugen heute noch ein Weiher (Abb. 3) und Aushubwälle, die sich nördlich von Graben entlang des Kanales erhalten haben.
Seit 2012 ist der Karlsgraben Gegenstand eines umfangreichen interdisziplinären Projektes von Archäologen, Geographen, Geophysiker und Historikern, finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Neben dem karolingischen Bauwerk steht auch das Kanalumfeld mit Fragen zur Siedlungs-, Landschafts- und Verkehrsentwicklung im Fokus der Forschung.

Die letzte Etappe führte ins Weißenburg der Römerzeit. Eingestimmt durch den 114 Objekte umfassenden Schatzfund ging es nach einem Museumsbesuch zum außerhalb der Innenstadt gelegenen Römerkastell Biriciana, von wo aus das germanische Gebiet nördlich des Limes kontrolliert wurde.

Abb. 5: Eichstätt, Bastionsgarten auf der Willibaldsburg (Foto: U. Tichatschke).

Abb. 5: Eichstätt, Bastionsgarten auf der Willibaldsburg (Foto: U. Tichatschke).

Westlich des Lagers befinden sich die außerordentlich gut erhaltenen Reste einer fast 3.000 m² großen Thermenanlage. Stege führen die Besucher über die Reste von Fußboden- und Wandheizungen, Badebecken, Heizgruben und Abwasserkanäle (Abb. 4). Hier und da sind noch Reste der prächtigen Innenausstattung aus Solnhofener Platten und Wandmalereien erkennbar. Schautafeln, Grundrisspläne und ein Modell der Thermen helfen bei der Zuordnung sowie beim Verständnis der Originalbefunde.

Der Sonntagvormittag war dem Besuch der Willibaldsburg in Eichstätt gewidmet. Hier befindet sich das Museum für Vorgeschichte und nebenan versetzt das Jura Museum den Besucher in die Lagunenlandschaft vor 150 Millionen Jahren. Nach einer einführenden Multivisionsschau konnte jeder individuell die mannigfaltige Fossilienwelt der Solnhofener Plattenkalke erkunden und dabei dem Archeopteryx und dem Juravenator starki einen Besuch abstatten. Wer einen Rundblick über Eichstätt samt Altmühl genießen wollte, stieg auf den Bergfried und Freunde bunter Blumenpracht zog es in den Bastionsgarten, der dem Hortus Eystettensis nachempfunden ist (Abb. 5). Dieser 1613 vom Nürnberger Botaniker Basilius Besler angefertigte Prachtband gibt auf 367 Bildtafeln die im fürstbischöflichen Garten wachsenden Pflanzen wieder, darunter auch viele Exoten aus ganz Europa, Asien und Amerika.

Text: Dr. C. Schulz