Stadtspaziergang in Quedlinburg

Abb. 1: Unterwegs in der Nähe des ehemaligen Augustinerklosters in der Quedlinburger Neustadt (Foto: M. Poppe).

Abb. 1: Unterwegs in der Nähe des ehemaligen Augustinerklosters in der Quedlinburger Neustadt (Foto: M. Poppe).

41 Teilnehmer waren der Einladung der Archäologischen Gesellschaft gefolgt und trafen sich pünktlich in Quedlinburg am Parkplatz »An den Fischteichen«. Diese hatten bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg Bestand und wurden erst danach zugeschüttet, bevor die Fläche heute als Parkplatz genutzt wird. Die Führung übernahm Dr. Oliver Schlegel von der unteren Denkmalbehörde/Kreisarchäologie Harz. Vom Treffpunkt ging es in die im Südwesten anschließende Neustadt Quedlinburgs, die in der Regel weniger im Focus der Besucher der Stadt liegt. Diese ist ca. 200 Jahre jünger als die Altstadt und wurde im 12. Jahrhundert planmäßig angelegt, wie sich für Experten unschwer anhand einer geradlinigen, beinahe rasterartigen Straßenführung erkennen lässt.Bis 1330 behielt sie ihre Selbständigkeit.
Abb. 2: Der sanierte Gänsehirtenturm (Foto: I. Vahlhaus).

Abb. 2: Der sanierte Gänsehirtenturm (Foto: I. Vahlhaus).

Nach dem Durchschreiten der ehemaligen Stadtbefestigung erläuterte Dr. Schlegel diverse, zum Teil nur ungenau im Standort überlieferte Gebäudestandorte, wie z.B. das ehemalige Augustinerkloster (Abb. 1). Er erläuterte hier, warum man diese Standorte nicht einfach überprüfen kann und wies nebenbei auf einige Probleme bei Sanierungen und Neubauten hin, in dem er immer wieder kleine Anekdoten aus seinem Berufsalltag einfließen ließ. Die Führung ging rund um die Nikolaikirche und an der ehemaligen Stadtmauer der Neustadt entlang. Hier demonstrierte er eindrucksvoll, wie schwer es ist, für ehemalige Stadttürme wie den Schweinehirtenturm und dem benachbartem Gänsehirtenturm eine Nutzung zu finden, nachdem die angedachte Nutzung als Ferienwohnung aus feuerschutztechnischen Gründen nicht zulässig ist. So wurde der benachbarte Gänsehirtenturm zunächst für Wohnzwecken ausgebaut, konnte aber anschließend nicht mehr als Ferienwohnung genutzt werden. Eine anderweitige Nutzung scheint allgemein für die Türme schwer vorstellbar, da der Raum pro Etage sehr gering ist und auch durch die Treppen weiterer Platz verloren geht (Abb. 2). Diese Türme waren ursprünglich zur Stadtseite hin offen und wurden erst später durch Fachwerkeinbauten geschlossen. Dagegen wurde der sog. Kaiserturm bereits nach Aufgabe der Stadtmauer erweitert und wird heute wohnlich genutzt. Nach einigen Blicken in Hinterhöfe sowie umfassenden Erläuterungen zu vielerlei Häusern z.B. dem ältesten erhaltenen Wohnhaus, ehemaligen Hausnutzungen oder modernen Ergänzungen näherte sich die Gruppe über die Hölle und den Schuhhof dem Markt und seinen angesiedelten Gebäuden.

Abb. 3: Die Gruppe nahm die Einladung von Friedrich W. Pohl gerne an (Foto: F.W. Pohl).

Abb. 3: Die Gruppe nahm die Einladung von Friedrich W. Pohl gerne an (Foto: F.W. Pohl).

Nach einer ausgiebigen Mittagspause nahmen 15 Teilnehmer die seltene Gelegenheit war, Quedlinburg aus der »Froschperspektive« zu erkunden. Nach dem Einstieg in den Mühlgraben und einer ersten Anpassung an die für viele ungewöhnliche Erkundung -mit hohen Gummistiefeln im Wasser watend – wurde der Blick auf die Rückseiten der Stadtmauer, ehemaliger Konvente, typischer Gärten und Hinterhöfesowie immer wieder auf Relikte im Grabenselbst wie eine geleerte Geldbörse, ein Emaillenapf und Scherben geleitet. Friedrich W. Pohl, ein Anwohner mit direktem Zugang zum Mühlgraben, hatte eine besondere Überraschung vorbereitet: Er versperrte den Weg mit allerlei Getränken und lud zu einem kleinen Umtrunk und der Besichtigung seines liebevoll und in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege hergerichteten Anwesens ein (Abb. 3). Zum Schluss stieß die Gruppenoch auf drei an den Seiten des Mühlgrabens sekundär vermauerte alte Grabsteine, die man nur von diesem aus genauer betrachten kann.

Text: I. Vahlhaus

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